Dienstag, 12. Januar 2021

Handreichung für Ehrenamtliche

Scham – Zwischen Tabu und Chance

Mal wieder ins Fettnäpfchen getreten? Und danach ganz rot geworden? Scham begleitet uns unser Leben lang und prägt unsere Beziehungen. Doch darüber reden wir nur ungern. Eine neue Handreichung der Diakonie RWL, Hessen und Rheinland-Pfalz will dieses Tabu in der Ehrenamtsarbeit brechen. Unter dem Titel "Scham – zwischen Tabu und Chance" gibt sie Impulse für einen förderlichen Umgang mit einem starken Gefühl.

Titelbild der Diakonie RWL-Handreichung "Scham - Zwischen Tabu und Chance"

Der US-amerikanische Psychiater Léon Wurmser hat Scham als "Wächterin der menschlichen Würde" bezeichnet. Sie zeigt uns, wann wir grenzverletzend gegenüber uns selbst oder anderen sind. Scham ist also ein wichtiger Regler der zwischenmenschlichen Kommunikation. Wer Scham empfindet, denkt über sich nach. Doch in der Ehrenamtsarbeit wird bislang selten über Scham geredet. Dabei prägt es die Beziehungen und auch Beziehungsabbrüche stärker als vielfach angenommen. Immer wieder erleben Ehrenamtskoordinatorinnen und –koordinatoren in der Diakonie, dass sich freiwillig Mitarbeitende plötzlich zurückziehen und wissen nicht genau, warum.

Die Handreichung "Scham – zwischen Tabu und Chance" unternimmt den Versuch, bestimmte Verhaltensweisen im freiwilligen Engagement als Reaktion auf beschämende Erfahrungen einzuordnen. Dabei greift sie auch auf wissenschaftliche Erkenntnisse zurück. So unterscheiden Forscher vier Typen des Schamgefühls: die „Missachtungs-, Intimitäts-, Gewissens- und Peinlichkeitsscham.

Lernen, mit Scham umzugehen

Alle vier Typen spielen auch in der Ehrenamtsarbeit eine Rolle. So fühlen sich Mitarbeitende beschämt, wenn sie regelmäßig von wichtigen Informationen ausgeschlossen werden. Sie fühlen sich missachtet, weil sie als einzige keinen Newsletter erhalten oder keinen Schlüssel für die Einrichtung, in der sie sich engagieren. In ihrer Intimität fühlen sie sich verletzt, wenn ein anderer Ehrenamtlicher sich im Team über sie lustig macht oder peinlich berührt, wenn andere bei ihren Bemerkungen die Augen verdrehen.

Die Handreichung plädiert dafür, das Gefühl der Scham zu thematisieren und bewusst mit ihr umzugehen. Ehrenamtskoordinatoren sollten wissen, welche Bedürfnisse und Werte Ehrenamtliche haben und regelmäßig in einen bilateralen Austausch mit ihnen gehen. Grundlegend ist nach Ansicht der Autorinnen auch das Zuhören, Transparenz in den Abläufen der Einrichtung sowie eine Kultur der Wertschätzung. Am Beispiel von "Räumen der Würde" wird gezeigt, wie das in der praktischen Arbeit mit Ehrenamtlichen konkret werden kann.

Mehr zur Handreichung in einem Interview mit Karen Sommer-Loeffen, Diakonie-RWL-Referentin fürs Ehrenamt.

Ihr/e Ansprechpartner/in
Karen Sommer-Loeffen
Geschäftsfeld Krankenhaus und Gesundheit