Die Seelsorge wird gerne als "Muttersprache der Kirche" bezeichnet. Doch auch in der Diakonie spielt sie eine entscheidende Rolle. Sie nimmt den Menschen ganzheitlich in den Blick, was bedeutet: Sie setzt sich nicht nur für die Verbesserung der sozialen – und wenn nötig – materiellen Situation von Menschen in Not ein, sondern auch für ihre psychische Gesundheit.
Während der Corona-Pandemie hatten viele Menschen große Ängste. Mehr als zuvor wendeten sie sich an die Telefonseelsorge oder baten um seelsorgerliche Begleitung in Kliniken und Altenheimen. "Corona hat offensichtlich eine Situation geschaffen, die drei menschliche Kernbedürfnisse elementar betrifft und bedroht: Beziehung, Sicherheit und Autonomie", erklärt Diakonie RWL-Vorstand Christian Heine-Göttelmann im Vorwort der Seelsorge-Broschüre. "In herausfordernden Zeiten schafft Seelsorge Raum für unbedingte Wertschätzung, Stärkung und Ermutigung und ist ein Ort, an dem Leid benannt, Sehnsucht ausgedrückt und Hoffnung (neu) formuliert werden kann."
Seelsorge ist Netzwerkarbeit
Wie das in der Praxis aussieht, erzählen Seelsorgende und Geschäftsführer verschiedener diakonischer Werke. Neben klassischen Seelsorgebereichen wie Kliniken, Hospize und Altenheime werden dabei auch die Behinderten- und Wohnungslosenhilfe, die Kinder- und Jugendhilfe sowie die Mitarbeitendenseelsorge in den Blick genommen. Einig sind sich alle Autor*innen, dass Seelsorge Netzwerkarbeit ist und sich längst nicht allein auf die Kompetenz von Pfarrer*innen beschränkt.
"Arbeitsbündnisse von Seelsorgenden unterschiedlicher Kompetenzprofile und Tätigkeitsfelder erscheinen als zunehmend wichtiger: voneinander lernen und gemeinsam arbeiten, zudem im Haupt-, Neben- und Ehrenamt", schreibt etwa Ingo Habenicht, Geschäftsführer des Evangelischen Johanneswerks. Auch Markus Eisele, Theologischer Vorstand der Graf Recke-Stiftung, betont, dass Seelsorge in seiner Stiftung nicht nur Sache eines "Berufs-Seelsorgers" sei, sondern es überall Alltagsseelsorge durch die vielen Mitarbeitenden in den Wohngruppen, den Schulen oder den Kitas gebe.
In allen Lebenslagen präsent sein
Iris Müller-Friege, Evangelische Seelsorgerin des LVR-Klinikums Essen, wünscht sich, dass Seelsorge stärker als vielfältiges Angebot für Menschen in allen Lebenslagen wahrgenommen wird. "Wir Seelsorgenden bemühen uns seit vielen Jahren, die Vorstellung, dass Seelsorge nur für die Gebrochenen, Verlorenen, Austherapierten beziehungsweise nur für die Patienten zuständig ist, zu verändern", schreibt sie. "Doch ich frage mich, ob es nicht auch Tendenzen in der Repräsentation von Kirche und Seelsorge gibt, die diesen Eindruck trotzdem heute eher stützen."
Die Broschüre unternimmt den Versuch, diesem Bild entgegenzuwirken. Sie zeigt, wie vielfältig, kreativ und professionell Seelsorge im Verbandsgebiet der Diakonie RWL gestaltet wird.
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